Macht eine Scheidung nach der Pensionierung Sinn?

Den idealen Zeitpunkt für eine Scheidung gibt es nicht, schreibt unsere Kolumnistin Barbara Fink Winzap. Ganz sicher sollte man aber nichts überstürzen.
Macht eine Scheidung nach der Pensionierung Sinn?
Scheiden, um eine höhere AHV-Rente zu kassieren, ist ein risikoreicher Plan (Bild iStock)

Wenn es in der Ehe kriselt oder die Beziehung nicht mehr aushaltbar ist, wird man oder frau sich eine Scheidung oder zumindest eine Trennung überlegen. Dies sollte jedoch nicht in einer Kurzschlusshandlung gefällt, sondern wohlüberlegt und idealerweise mit der Ehepartnerin oder mit dem Ehepartner gemeinsam entwickelt werden, um nicht im schlimmsten Fall in einem Rosenkrieg wie Michael Douglas und Kathleen Turner im gleichnamigen Film zu enden. In Anbetracht dessen, dass in der Schweiz heute rund zwei von fünf Ehen mit einer Scheidung enden, haftet heutzutage einer Scheidung nichts Stigmatisierendes mehr an. Neben starken Gefühlen wie Wut oder Trauer ist jedoch eine Scheidung oft auch von Existenzängsten begleitet. Die finanziellen Folgen einer Scheidung können erheblich sein. Bei einer Scheidung nach der Pensionierung sind zwar meistens keine Kinderbelange (wie Kinderunterhalt, Besuchsrecht, etc.) zu regeln, dafür wird es um die Regelung von finanziellen Ansprüchen (Güterrecht / Unterhalt /Aufteilung Vorsorge) gehen. Vor rund 20 Jahren konnte die oder der Unterhaltsberechtigte (meistens Frau) bei einer Scheidung damit rechnen, dass sie bis zum Tode des Unterhaltspflichtigen einen Unterhalt zugesprochen erhielt. Das ist heute nicht mehr so.

Der Peak der Scheidungskurve liegt zurzeit in der Schweiz etwa bei 7 Jahren Ehe. Scheidungen nach der Pensionierung kommen zwar vor, machen jedoch nur einen kleinen Anteil der Scheidungen aus.

Nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bleibt in den meisten Fällen mit bloss Renteneinkünften der AHV (1. Säule) und der beruflichen Vorsorge (2. Säule, Pensionskasse) weniger Geld zum Leben, als dies zuvor noch der Fall war. Da können auch Ehepaare, welche keine Trennungsgelüste verspüren, in finanzielle Schwierigkeiten geraten, wenn sie ihren Lebensunterhalt plötzlich nur noch mit einer Rente bestreiten müssen. Bei einem durchschnittlichen Einkommen beträgt die minimale AHV-Rente für eine Einzelperson monatlich mindestens 1'195 Franken und maximal 2'390 Franken. Eine Ehepaarrente wird plafoniert und die Summe der beiden Einzelrenten eines Ehepaars darf nicht grösser sein als 150 % der Maximalrente, also CHF 3'585 Franken Es ist ein offenes Geheimnis, dass es auch sog. «AHV-Scheidungen» gibt, welche nur zum Scheine erfolgen (effektiv lebt man noch zusammen und führt die Ehe fort), um eine doppelte AHV-Rente zu erzielen, und so statt einer gemeinsamen Ehegattenrente zwei Einzelrenten bezieht. Unter dem Strich hat man gemeinsam einen grösseren Betrag zur Verfügung, jedoch ist solches nicht zu empfehlen, da es einerseits rechtsmissbräuchlich und andererseits etwas kurz gedacht ist und unberücksichtigt lässt, dass beim Tod des einen Partners der andere weder eine Witwenrente erhält, noch erbberechtigt ist. Die Scheidung löst das eheliche Band endgültig auf und die Parteien sind in güterrechtlicher, also vermögensrechtlicher, Hinsicht auseinandergesetzt, d.h. sie haben nach der Scheidung nichts mehr voneinander zugute.

Bei einer Scheidung werden zudem die während der Ehe bis zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens erworbenen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge (2. Säule, Pensionskasse) zwischen den Ehegatten ausgeglichen. Wenn nun aber bei Einleitung des Scheidungsverfahrens ein oder beide Ehegatten eine Altersrente beziehen, so entscheidet das Gericht nach Ermessen über die Teilung der Rente. Dies bedeutet, dass im Vorfeld einer Scheidung schwer abschätzbar ist, wieviel einem tatsächlich zusteht. Ist jedoch der Rentenfall noch nicht eingetreten, sieht das Gesetz eine grundsätzlich zwingende Ausgleichspflicht vor, was sich im Vorfeld leicht berechnen lässt.

Bei einer Scheidung wird auch das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen hälftig aufgeteilt (sog. Errungenschaftsbeteiligung), sofern man in einem Ehevertrag nicht einen anderen Güterstand gewählt hat.  

Aus rechtlicher Sicht sollte sich man und frau eine mögliche Scheidung also gut überlegen und nichts überstürzen.

Barbara Fink Winzap ist Gründerin und Partnerin der Anwaltskanzlei 4LEGAL in Zürich (www.4legal.ch). Seit rund 20 Jahre arbeitet sie als Anwältin sowie Ersatzrichterin. Sie ist in verschiedenen Rechtsgebieten beratend wie auch forensisch tätig, u.a. im Ehe- und Scheidungsrecht. Dank ihrer langjährigen Erfahrung in verschiedenen Bereichen des Rechts verfügt sie über ein grosses Fachwissen. 


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