Coming Out: Plötzlich steht der Vater auf Männer

Coming Out als Homosexueller ist nie einfach. Besonders schwer fällt die Erklärung Männern, die schon Kinder aus einer heterosexuellen Beziehung haben.
Coming Out: Plötzlich steht der Vater auf Männer
(Bild iStock)

Gründe für das späte Coming Out

Die meisten Menschen reagieren überrascht, wenn homosexuelle Männer Kinder haben oder ein Mann sich erst nach Jahren einer scheinbar ganz normalen Ehe outet. Doch es ist kein Einzelfall. Viele Homosexuelle erkennen ihre sexuelle Orientierung erst nach mehreren Ehejahren und schweigen dann noch lange, weil sie ihre Familie nicht zerstören wollen. Gerade inzwischen ältere Männer sind in einer Zeit aufgewachsen, in der es noch schwerwiegende Folgen hatte, sich zur Homosexualität zu bekennen. Haben sie ihre Sexualität bereits in jungen Jahren erkannt, hatten sie oft zu viel Angst vor Diskriminierung oder wollten sich nicht eingestehen, dass sie anders waren, als die Gesellschaft von ihnen erwartete. Die Eheschliessung mit einer Frau diente als Beweis ihrer Heterosexualität und zur Erfüllung der Wünsche ihrer Familien. Andere sehnten sich so sehr nach einer Familie mit Kindern, dass sie dafür das Leben mit einer Partnerin auf sich nahmen, zu der sie sich sexuell nicht hingezogen fühlten.

Doch es ist nicht leicht, eine Lüge zu leben. Mit der Zeit wird es zu einer immer grösseren Belastung, sexuelle Wünsche unterdrücken oder den geliebten Partner vor allen anderen wichtigen Personen im eigenen Leben verheimlichen zu müssen. Man hat Schuldgefühle gegenüber der Partnerin und fühlt sich im heterosexuellen Rollenbild gefangen. Der Wunsch alles zu gestehen und seine wahre Sexualität offen zu leben wird immer grösser. Dennoch zögern viele Betroffene lange aus Rücksicht gegenüber den Gefühlen der Frau und Kinder. So kommt es vor, dass Menschen die seit der Pubertät wissen, dass sie auf das eigene Geschlecht stehen, ihr Coming Out verzögern bis ihre eigenen Kinder fast oder ganz erwachsen sind.

Die Folgen des späten Coming Out

Wie viele Dinge im Leben, vor denen wir uns fürchten, wird auch das Coming Out meist weniger schlimm als die Angst und Ungewissheit davor. Die Einstellung der Gesellschaft zur Homosexualität hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Homophobe Reaktionen gibt es zwar weiterhin, doch die meisten Menschen wissen, dass Diskriminierung nicht akzeptabel ist. Fast immer findet man mehr Verständnis und Unterstützung, als man erwartet hat. Dazu kommt die Erleichterung, es hinter sich zu haben und endlich offen mit dem geliebten Mann leben zu können, ihn Freunden und Verwandten vorstellen zu dürfen und mit ihm an Familienfesten teilzunehmen.

Am schwersten trifft es die Ehefrau oder Partnerin, sofern die Beziehung bis zum Zeitpunkt des Outings noch bestand. Hier ist am ehesten mit einer emotional belastenden Reaktion zu rechnen, da sie sich damit abfinden muss, dass der Partner, in den sie so viele Jahre investiert hat, sie nie wirklich begehrenswert fand. Das ist auch für den homosexuellen Mann meist schwer, da er nach der langen gemeinsamen Zeit durchaus tiefe Zuneigung zu ihr empfindet. Im besten Fall, kann er diese vermitteln und es bleibt am Ende eine Freundschaft erhalten. Ist die Beziehung ohnehin bereits gescheitert, kann das Eingeständnis auch für die heterosexuelle Partnerin zur Erleichterung werden. Endlich hat sie eine Erklärung für den Fehlschlag und weiss, dass es nicht an ihr gelegen ist.

Für die Kinder ist das Geständnis des Vaters oft ebenfalls ein Schlag, den sie erst einmal verarbeiten müssen. Oft geht es dabei aber weniger um die sexuelle Orientierung selbst. Die junge Generation ist unterschiedlichen Formen der Sexualität gegenüber mittlerweile sehr aufgeschlossen. Es kann aber schwer sein, die eigenen Eltern plötzlich als sexuelle Wesen wahrzunehmen. Teenager empfinden das häufig als peinlich und fürchten die Reaktion ihrer Freunde. Dazu kommt der Schock über die plötzliche Trennung der Eltern.

Kindern über das Coming Out hinweghelfen

Grundsätzlich sollte man mit der Situation gegenüber den Kindern so umgehen, wie mit jeder anderen Scheidung oder Trennung der Eltern. Insbesondere wenn die Kinder noch im Haus leben, ist es besser, zuerst nur ihre Mutter zu informieren. Haben die Eltern bereits einen Plan und informieren sie die Familie gemeinsam, wie es weitergeht, ist es für die Kinder leichter. Ungewissheit und Streit stellen die grösste Belastung für sie dar.

Lassen Sie Ihre Kinder wissen, dass Mama und Papa sie immer noch genauso lieben und auch getrennt wie zuvor für sie da sind. Dabei kann es sogar helfen, ihnen zu erklären, dass man aufgrund des Kinderwunsches geheiratet oder aus Liebe zu ihnen so lange mit dem Eingeständnis seiner wahren Sexualität gezögert hat. Stellen Sie den Kindern Ihren neuen Partner vor und fördern Sie ein positives Verhältnis. Lassen Sie ihnen aber Zeit und haben Sie Geduld. Für sie kommt das alles ganz unerwartet und muss erst einmal verarbeitet werden.


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