Das Gipfeltreffen auf Französisch

Unser Kolumnist Patrick Céréda von der Kantonspolizei Zürich gibt ein paar Einblicke von seinem Einsatz am Gipfeltreffen Biden-Putin in Genf preis.
Das Gipfeltreffen auf Französisch
Das Gipfeltreffen auf Französisch (Bild Haut Risque on Unsplash)

In diesem Jahr fand bekanntlich kein WEF in der Schweiz statt, aber so ganz ohne internationalen Anlass sollte es dann doch nicht gehen: Mitte Juni fand das Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten der beiden Grossmächte USA und Russland in Genf statt. Ich durfte als Teil der beachtlichen Gruppe von Polizistinnen und Polizisten der Kantonspolizei Zürich zur Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen aus der Westschweiz sehr kurzfristig die Einsatztaschen packen und Richtung Genfersee reisen.

Für einige unsere jüngeren Mitarbeitenden war es der erste Einsatz auf internationalem Parkett und mit der gesamten Weltpresse. Entsprechend beeindruckt waren sie vom ganzen Ausmass des Anlasses. Unter anderem wurde das Seebecken von Genf für dieses kurze, aber für die Welt vermutlich äusserst wichtige Treffen komplett abgesperrt. Für die Bewohnerinnen und Bewohner von Genf, aber auch für die vielen Besucher der Stadt, war das Sicherheitsdispositiv sehr einschränkend.

Ich stand zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen an einem neuralgischen Punkt und sicherte die Zufahrsachse zum Park rund um die Villa La Grange, wo sich die Präsidenten zum Gespräch trafen. An diesem sonnigen und drückend heissen Tag kehrten im Verlauf des Nachmittags ganze Menschenströme aus dem Schwimmbad am See zurück und blieben, bepackt mit Badetaschen und Kühlboxen und mit fragendem Blick vor der Absperrung stehen: «On ne peut pas passer par ici?» – «Können wir hier nicht durch?» Unsere Antwort lautete stets in nicht ganz akzentfreiem Französisch: «Nein, heute leider nicht.» Bei der Frage nach einem geeigneten Umweg wurden dann unsere Antworten schon etwas holpriger und vermutlich auch etwas weniger verständlich.

Aber trotz dieser Einschränkungen und unserem fremd anmutenden Französisch, begegneten uns alle Hilfesuchenden immer äusserst freundlich. Ich muss gestehen, ich war ob des grossen Verständnisses sehr überrascht. Da waren kurzfristig ganze Strassenzüge gesperrt, Arbeitswege wurden temporär um ein Vielfaches länger, der Zugang zum Boot im Hafen war unmöglich, und zu guter Letzt wurden einem diese Einschränkungen auch noch durch Angehörige eines deutschschweizerischen Polizeikorps erklärt. Man hätte befürchten können, dass wir auf wenig Empathie stossen – ich wurde eines Besseren belehrt.

Ich weiss gar nicht mehr, wie oft man uns während dieses Einsatzes in der Nähe des Jet d’eau am Hafen von Genf für unseren Einsatz gedankt hat und wie oft uns mit einem Lächeln im Gesicht «bonne journée» gewünscht wurde. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Genferinnen und Genfer gewohnt sind, dass hin und wieder ein grosses Polizeiaufgebot in der Stadt ist und es zu beträchtlichen Einschränkungen kommt, oder es liegt ganz einfach an der Westschweizer Mentalität. So angespannt die Atmosphäre im Vorfeld und vermutlich auf politischer Ebene auch während des Gipfeltreffens war, so entspannt empfand ich den Kontakt mit der Bevölkerung.

Es zeigte sich einmal mehr, dass Verständnis und ein Zurückstellen der eigenen Befindlichkeiten viel zu einem friedlichen Miteinander beitragen. Ich jedenfalls habe in Genf genau dieses Verständnis gespürt und bin dankbar, Teil dieses geschichtsträchtigen Anlasses gewesen sein zu dürfen.

Patrick Céréda, Medienchef der Kantonspolizei Zürich, schreibt in dieser Kolumne über die verschiedensten polizeirelevanten Themen, von Präventionstipps über Verhaltensregeln bis hin zu Geschichten aus dem Polizeialltag. 


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